Wilde Zeiten

unter dem kreisenden Milan
tritt er in die Sonne
die Augen beschirmt
in seinem Vorgarten die Äpfel
daran vorbei tritt er zur Garage
und da hochglanzpoliert steht sie und wartet
fahren darf er nicht mehr
er schiebt seine Suhler Queen vor das Tor
da kneift es im Rücken

er zuckt zusammen
legt die Hand an den Lenker
sofortige Straffung in allen Zellen
Gänsehaut, Schwalbenhaut wie er es nennt
und der Schwung der Beine
schon sitzt er
die Schmerzen im Rücken als Sozius
nur den Helm lässt er weg
wie er so unter der Sonne steht
summt er schmissige Lieder

Abgeschaut: Stefan George: »Das lied das jener bettler dudelt«

Das lied das jener bettler dudelt

Ist wie mein lob das dich vergeblich lädt ·

Ist wie ein bach der fern vom quelle sprudelt

Und den dein mund zu einem trunk verschmäht.


Das lied das jene blinde leiert

Ist wie ein traum den ich nicht recht verstand ·

Ist wie mein blick der nur umschleiert

In deinen blicken nicht erwidrung fand.


Das lied das jene kinder trillern

Ist fühllos wie die worte die du gibst ·

Ist wie der übergang zu stillern

Gefühlen wie du sie allein noch liebst.


| George, Stefan: Das Jahr der Seele. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 4, Berlin 1928, S. 94-95.

| Online unter: http://www.zeno.org/nid/20004811356

Pix – Zughafen Erfurt – Remember love, remember me

Ein Spaziergang im Lockdown führte mich in den Erfurter Zughafen.
Was 2002 mit Clueso, Norman Sinn und Andie Welskop als Musikstudio begann, ist heute nicht nur lebendiger Bestandteil des Erfurter Nachtlebens. Wie überall ist auch hier alles zum Stillstand gezwungen. Dabei sollte gerade groß Geburtstag gefeiert werden.

Ich habe den Zughafen bei Kreativmärkten, Street-Food-Festivals, vor allem aber auf Parties und Konzerten im Kalif Storch kennen und lieben gelernt.
Wie viele Pfeffis, Wodka-Mangos und Taigas ich an der Bar getrunken habe, bekomme ich nicht mehr zusammen. Aber es waren viele Abende mit guter Musik, guter Stimmung und einfach guten Leuten. Hier auch ein kleiner Shoutout an die Jungs vom Retronom, die uns hier mit dem „Back in the Days“-Festival eine echt gute Zeit beschert haben – allen finanziellen Hürden zum Trotz.
Dazu das leckere Käffchen in der Sonne vom bezaubernden Team der Kleinen Rampe, das lecker Bier von den Jungs von Heimathafen oder einfach eine gute Zeit in der Eventlocation Halle 6. Der Zughafen bietet immer wieder neuen Ideen Raum. Ganz frisch hinzu gesellen wird sich nach dem Lockdown Erfurts erste Whisky-Destillerie Nicolai und Sohn. Auch hier – geplante Eröffnung war der April 2020 – kam Corona zur Unzeit. Umso gespannter bin ich auf das Ergebnis, wenn es endlich losgehen kann.

Wenn ihr das Team vom Kalif Storch unterstützen wollt, dann könnt ihr das hier tun:
| https://www.startnext.com/rettet-den-kalif-storch



Der Zughafen stellt sich vor:
| https://www.zughafen.de/

Das Kalif findet ihr hier:
| https://kalifstorch.com/

Zum Retronom geht es hier:
| https://www.retronom.net/

Auf zu Nicolai& Sohn:
| https://nicolaiundsohn.de/

Hintergründe

Soeben wollte ich eine kleine Episode des Erfurter Zusammenlebens abtippen, da schaut ein Junge, ungefähr 8 Jahre alt, sehr aufmerksam auf den Bildschirm meines Laptops: „Du, sag mal, bist du Tierpfleger oder so?“ Ich verneinte. Er zog seine Mutter hinzu. „Mama, guck mal, der hat Grillensex auf dem Computer.“ Ich schaue mir die Aufnahme selber an und musste feststellen, der Junge hatte Recht. „Warum hast du das da drauf?“, fragte er weiter. „Ich fand das Foto einfach schön.“ „Mama, der findet Grillensex schön.“ Die Aufmerksamkeit in der Bahnhofsbäckerei verlagerte sich zusehends in Richtung meines Rechners. „Junger Mann, was erzählen sie da eigentlich meinem Sohn“ „Nichts weiter. Nur eben, dass ich dieses Foto als Hintergrund verwende, weil ich es sehr ansprechend finde.“ „Ach! Und über die Hintergründe ihres Hintergrundes haben sie sich keine Gedanken gemacht.“ Ich gab zu, dies sei nicht der Fall gewesen. Der Junge lachte mich weiter an. Zwei Damen, ca. 30, aus ihrer Diskussion über die optimale Farbe von Preiselbeermuffins gerissen, lachten mich aus. Der Zugbegleiter nebenan betrachtete mich mitleidig.

Parken und Liebe

Die zwei Frauen stehen gemeinsam mit der Erfurter Luft vor dem Eiscafé. Sie sind etwas ungeduldig, blicken, die anderen Wartenden taxierend, um sich. Die Schönere: „Du, es gibt schon dumme Sprüche auf der Welt.“ Die Reifere: „Ja, das kannst du laut sagen.“ Die Schönere: „Kennst du diese Schilder auf Parkplätzen?“ Die Reifere: „Da gibt es Viele.“ Die Schönere schaut in ihren Geldbeutel: „Ja. Ich meine das mit dem ‚Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden abgeschleppt‘.“ „Was findest du daran dumm?“, fragt die Reifere. „Der Spruch stimmt einfach nicht.“ Die Reifere: „Warum?“ „Ich hatte ja schon lange Keinen mehr und da hab ich mich….“ Ein korpulenter Herr drängt sich an den Damen vorbei. „Fast hätte er mich vollgesaut. Der soll sich mal anschauen und dann Eis essen. Na ja, wo war ich? Ach ja, der Spruch. Also Folgendes: Ich hab mich auf einen Parkplatz gestellt und zwar widerrechtlich. Dachte eben, mich hat eh schon lang keiner mehr abgeschleppt. Könnte ja sein, dass….“ Die Reifere: „Das ist jetzt nicht dein Ernst.“ Die Schönere: „Na, ein wenig.“ Die Reifere: „Herr, lass Hirn…“ Die Schönere: „Auch so ein Spruch.“