Wir wollten unzählbar sein
Nur spürbar als Luft in den Lungen
Durch die Dunkelheit von Laterne zu Laterne ziehen
Halte ein, sagst du
Nachtlos sammeln wir
Unsere gegenseitigen Schwüre in die Tränensäcke
Wir wollten unzählbar sein
Nur spürbar als Luft in den Lungen
Durch die Dunkelheit von Laterne zu Laterne ziehen
Halte ein, sagst du
Nachtlos sammeln wir
Unsere gegenseitigen Schwüre in die Tränensäcke
da stand wieder deine Meinung
als Barrikade aus Zündhölzern
mir in den Weg gestellt
und jedes Wort Kartoffelstampf
mit gebreiteten Armen abgehoben
getragen von der rhetorischen Welle
und verbrennend Moralin
landest du auf den Füßen – wo sonst
beziehst deinen Altbau
mit deiner gewohnten Position
machst du ihn schick
Gardinen bewahren die Haltung
nur bisweilen hebt sie die Luft
dahinter knöchernd und spillerig du
Bandeira, Manuel (1886-1968) – Selbstbildnis
(Curt Meyer-Clason)
Provinzler der nie verstand
Eine Krawatte auszuwählen;
Pernambukaner den das Messer
Des Pernambukaners abstößt;
Schlechter Poet der in der Kunst der Poesie
In der Kindheit der Kunst alterte;
Und sogar Chroniken schreibend
Provinzchronist wurde;
Gescheiterter Architekt, gescheiterter
Musiker (eines Tages verschluckte er
Ein Klavier, nur die Tastatur
Blieb außen); ohne Familie,
Religion oder Philosophie;
Kaum im Besitz der Unruhe des Geistes
Die vom Übernatürlichen kommt,
Und in Sachen des Berufs
Ein professioneller Schwindsüchtiger.
Vallejo, César (1892-1938) – Himmel und Staub
(Hans Magnus Enzensberger)
Wer hat keinen blauen Anzug im Schrank?
Wer nimmt kein Frühstück und keine Trambahn,
die ewige Zigarette im Mund, in der Brieftasche seinen Gram?
Ich, der geboren ist und sonst nichts!
Ich, der geboren ist und sonst nichts!
Wer schreibt nicht dann und wann einen Brief?
Wer hat keine dringende Sache im Kopf
Und stirbt nicht aus Gewohnheit, weinen nach dem Gehör?
Ich, der einzig und allein geboren ist!
Ich, der einzig und allein geboren ist!
Wer heißt nicht Carlos oder sonstwie Sonstwie?
Wer nennt die Katze anders als Katze Katze?
Ach, ich! der geboren ist einzig und allein und sonst nichts!
Ach, ich! der geboren ist einzig und allein und sonst nichts!
Lima, Jorge de (1895-1953) – Alte schwarze Dienerin
(Curt Meyer-Clason)
Es gibt noch vieles zu verdrängen,
Celidônia, schönes Ioruba-Mädchen,
das meine Hängematte wiegte,
das mich in die Schule begleitete,
das mir Tiergeschichten erzählte,
als ich klein war,
noch sehr klein.
Vieles gibt es noch zu verdrängen:
Deine schwarzen Hände, die über mich dahinstreichen,
deine violetten Lippen, die über mich dahinwellten,
als ich klein war,
noch sehr klein.
Vieles gibt es noch zu verdrängen,
schönes schwarzes Dienstmädchen,
verirrtes Fleisch,
erschöpfte Nacht,
dunkelbraune Rose,
erste Zauberin.
Rojas, Gonzalo (1916-2011) – Von unten
(Anna Jonas)
Dann hängten sie uns an den Füßen auf, sogen uns
das Blut durch die Augen,
mit einem Messer
ritzten sie uns in die Schenkel, ich bin Nummer
25.033,
baten uns
sanft,
ganz nah am Ohr,
rufen sollt ihr
es lebe ich weiß nicht wer.
Der Rest
sind diese Seine, die uns zudecken, der Wind.
Juarroz, Roberto (1925-1995) – Kommt ein Tag
(Anna Jonas)
Kommt ein Tag,
an dem die Hand die Grenzen einer Seite erspürt
und fühlt, daß die Schatten der Buchstaben, die sie schreibt,
vom Papier hüpfen.
Hinter die Schatten,
geht sie daraufhin, schreibt auf die dieser Welt zugeteilten Körper,
auf ausgestreckte Arme,
auf leere Gläser
auf die Reste von irgendwas.
Doch dann kommt ein anderer Tag,
an dem die Hand fühlt, daß jeder Körper
insgeheim, viel zu früh
die dunkle Nahrung der Zeichen verschlingt.
Für sie ist der Zeitpunkt gekommen,
auf Luft zu schreiben,
sich in diese Geste beinahe zu fügen.
Doch auch Luft ist unersättlich,
und ihre Grenzen sind abschüssig und eng.
Dann vollzieht die Hand ihre letzte Wandung:
ganz bescheiden beginnt sie
über sich selbst zu schreiben.
Alle Texte aus:
| Oviedo, José Miguel (Hg.): Lateinamerika, Gedichte und Erzählungen 1930-1980. Suhrkamp 1982².
Einmal ein Gedicht
Mit Hut und Binde
Den Stock geschwungen
Der Knauf 925er Sterling
Hundekopf gefletschte Lefzen
Ein Gentleman bin ich
Habe er gesagt, es heißt
Jemand habe ihn so verstanden
Den Hut gelüftet
Darunter Nichts
Als die Binde
Ein wenig die Luft zu behalten
Da kam keiner mehr vorüber
Und der Gedicht verschlief
Das Ende seiner Gehbahn
Wachte zwischen Wolkenkratzern auf
Machte Diät und wurde zu fresh
für Binde und Lefzen
Der Gedicht fing an zu joggen
Rannte pfiffig unter den Türmen
Den Herren keck winkend
Die machten aus ihm eine Werbung
Und er machte sich einen Namen
unter Leuchter und Rahmen
sitzt Dichter an Dichter
sitzt stickige Luft
zwischen den Leibern
und immer einer steht
und spricht Vers auf Vers
spricht hitzige Luft
hinter die Stirn
und dann im Klatschen
wird einer rot
wird einer ruhig
sagt einer tschüss
———————-
Hier ist ein wenig Wehmut dabei. Viel Dankbarkeit, viel Freude auf Neues. Es war ein guter Abend gestern in Alberts Taverne. Ein Abend so ganz nach meinem Geschmack. Ein Abend auch mit viel Sekt in meinem Kopf und einem glücklichen Taxifahrer. Lieber Moritz, noch einmal ein leises: »Ich danke dir.«
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