Sonntagmorgen bei Regen

Liegen und Worte zählen die man noch sagen kann
beim Vorschlag Matratze schon stutzt du
das könnte doch zur Krisenkommunikation genutzt werden
so eine Matratze ist ein Refugium, unter ihr versteckt man
auf ihr liegt man und tut Dinge, die ich auch tun wollte
aber wir zählen weiter. Den Vorschlag Montag lehnst du auch ab.
Montag ist Krise in einem Wort. Montag ist wie ein Diktator der Woche.
Keiner will ihn und alle gehorchen. Beim Vorschlag Wiese schüttelst du den Kopf.
Wiesen sind keine gute Idee. Wie auf der Matratze kann man hier liegen und Dinge tun, die ich auch tun möchte.
Aber jetzt wo die Wiesen alle dürr sind, legt man sich nicht freiwillig. Ich sage Strand. Du sagst Wohlstandssignal.
Ich sage Kaffeetasse. Du sagst Anbaumethoden und Plantagenwirtschaft. Ich sage Kuss, da sagst du Übergriffigkeit.
Ich sage du. Da denkst du kurz nach. Schüttelst den Kopf. Dein Blick der zu einem trotzigen Kind.
Du heiße immer von sich weisen. Du heiße vom Ich ablenken.
Jetzt ist die Liste immer noch leer und ich lasse dich allein.

Hinterköpfe

I.

Zurückgelehnt die Meisten

Eingelullt vom sanften Airbusrauchen

Über dem Meer versucht so mancher

Das Licht zu fangen und scheitert

Der alternde Playboy in Ehren ergraut

Trägt heute den Skalp gut sichtbar

Gebräunt wie Alle

II.

Es war Sonne, es war Urlaub, es war schön

Und nun auf dem Rückflug beginnen unter der Schädelschwarte

Von neuem die alten Geschichten

Aus dem Hinterkopf hervorgekrämert

Drückt es wie immer auf die Schläfen

Dieses Gewicht, am Morgen noch verdrängt, ist wieder da

Die Kopfhaut spannt sich und nur die Schuppen sind noch leicht

Ein Flow

Blick in den Hinterhof

Ein leiernder Beat

Im Kopf den Mond

Der soll in den Text

Kommt nicht raus

Suchst nach Dopamin

Das macht sich rar

Die wenigen beleuchteten Fenster

Dahinter beheizte Räume

Boom Bap

lass es laufen

Bleibst beim Beat

Der leiert den Stift über Papier

Braucht kein Dopamin

Bleibt am Schreiben

Ohne die Fenster

Fließt der Stift

Und du hältst ihn einfach

Flow aus Beat leiert

Boom ein Satz

Bap ein Text

Lass den Mond aus

Den braucht es nicht

Das Bild eh von gestern

Hinterhof sagt

Boom

Welchen Flow es braucht

Um Bap den Text

aus den Stift auf Papier

auf den Beat zu leiern

Bikavér

Warum im Stierblut schwimmen
In der ungarischen Plörre
Wir haben jetzt Pinot und Chardonnay
Da braucht es das Donauwasser nicht mehr
Das stell wieder weg
Das holen wir dann, wenn wir uns sagen wollen
Die Tage sind schlecht

Es war ja schon damals nicht gut
Erträglich vielleicht, aber mehr auch nicht
Und heute tauchen wir im Zinfandel
Die Trauben haben sie Sonne von überall
und die Köpfe kosmopolitische Schwere

Das war vielleicht das einzige
Der Kram war ehrlich
Sobald die Flasche sich zeigte
Zeigte sich auch das Paracetamol
Vorsorge für den Vormittag
Und erst über die Stränge und dann
Den Kopf auf den Tisch geschlagen

Hände vor den Augen
Du lieber Himmel
Der Stier im Schädel gibt kein Pardon
Da gibt es auch keinen Rausch
Nur vielleicht das Rauschen vom Blut
Das ist so laut heut Morgen
Das wäre mit dem Rosé bestimmt nicht passiert
Und wachst wieder auf mit den Bewegungen rückwärts
Und alles steht neu

Es war vielleicht der Stier
Durch die Wohnung einmal zweimal
Und der Kopf wird immer größer
Verdammte Ungarn
Ist das immer noch die Rache fürs Lechfeld?

Jetzt erstmal auf
Auch das nämlich kann Stierblut
Da bleibt immer was in der Flasche
Ich fahre jetzt den Konter

Auf denn, bei den Hörnern gepackt
Ein Tänzchen ums Ränzchen
Zur Sprengung von Leber und Hirn

Die Logik des Wortes Volkslied

Vater und Tochter kommen schwer bepackt aus einem Nebeneingang des Erfurter Shopping-Centers „Anger 1“.

–          Papa magst du Volkslieder?
–          Nein.
–          Warum?

Die Tochter bleibt stehen, schaut ihren Vater an. Er überlegt kurz, lenkt ein:

–          Kommt darauf an welche.
–          Magst du „Alle meine Entchen“?

Er stockt.

–          Aber das ist doch kein Volkslied.

Sie schaut ihn wieder an. Kratzt sich kurz am Kopf.

–          Aber was dann?
–          Ein Kinderlied.
–          Gehören Kinder nicht zum Volk?

Es arbeitet in ihm. Etwas verlegen erklärt er:

–          Na ja. Kinder sind ein besonderes Volk.

Sie schüttelt den Kopf.
–          Aber Papaaaaaa. Das stimmt doch nicht.
–          Warum nicht?
–          Wenn Kinder ein Volk sind, dann sind Kinderlieder doch Volkslieder.

Er lacht.

–          Ertappt.

Kopfspiele.

Der Hintermann ruft: "Raus mit denen. Die kämpfen mit Chemie. Die zünden Aspirin an!" Wohlgemerkt: Es spielte der TSV Bayer 04 Leverkusen.

Der Hintermann ruft: "Raus mit denen. Die kämpfen mit Chemie. Die zünden Aspirin an!" Wohlgemerkt: Es spielte der TSV Bayer 04 Leverkusen.