Bikavér

Warum im Stierblut schwimmen
In der ungarischen Plörre
Wir haben jetzt Pinot und Chardonnay
Da braucht es das Donauwasser nicht mehr
Das stell wieder weg
Das holen wir dann, wenn wir uns sagen wollen
Die Tage sind schlecht

Es war ja schon damals nicht gut
Erträglich vielleicht, aber mehr auch nicht
Und heute tauchen wir im Zinfandel
Die Trauben haben sie Sonne von überall
und die Köpfe kosmopolitische Schwere

Das war vielleicht das einzige
Der Kram war ehrlich
Sobald die Flasche sich zeigte
Zeigte sich auch das Paracetamol
Vorsorge für den Vormittag
Und erst über die Stränge und dann
Den Kopf auf den Tisch geschlagen

Hände vor den Augen
Du lieber Himmel
Der Stier im Schädel gibt kein Pardon
Da gibt es auch keinen Rausch
Nur vielleicht das Rauschen vom Blut
Das ist so laut heut Morgen
Das wäre mit dem Rosé bestimmt nicht passiert
Und wachst wieder auf mit den Bewegungen rückwärts
Und alles steht neu

Es war vielleicht der Stier
Durch die Wohnung einmal zweimal
Und der Kopf wird immer größer
Verdammte Ungarn
Ist das immer noch die Rache fürs Lechfeld?

Jetzt erstmal auf
Auch das nämlich kann Stierblut
Da bleibt immer was in der Flasche
Ich fahre jetzt den Konter

Auf denn, bei den Hörnern gepackt
Ein Tänzchen ums Ränzchen
Zur Sprengung von Leber und Hirn

Lehrreich

Ein kalter Tag im Februar. Erstmals in dieser Woche – es ist Samstag, fährt die Regionalbahn Richtung Halle plangemäß ein. „Ja, ja, fünf Zentimeter Schnee und alles bricht zusammen.“ Die späteren Fahrgäste, jetzt Einsteigenden, greifen zu Gepäck und sich von ihnen verabschiedenden Händen. Die ersten Beine haben die Stiegen erklommen, andere warten geduldig auf den Moment, in dem ihnen der Weg bereitet wird. Unplanmäßig nun: Die Türen des Schienenfahrzeuges schließen, also noch eine Vielzahl künftiger Fahrgäste, jetzt Stehender, mit den Füßen nur den Beton des Bahnsteiges berühren. Umgehend verbreitet sich Empörung, werden Schicksale beschworen. An einigen Stellen verbaler, an anderen Stellen gewalttätiger Kampf gegen die Verriegelungsautomatik. Man Glücklicher findet noch Eingang durch eine Tür, die von baldigen Mitreisenden, jetzt Mitleidenden verteidigt wird. „So etwas hat es noch nie gegeben. Anzeigen werde ich die.“

Zehn Minuten später. Das Fahrzeug hat bereits Vieselbach verlassen und die Stimmung in den Waggons ist angespannt. Zwischen Todesstrafe für den Lokführer und Anschlägen auf den Unternehmensvorstand werden diverse Optionen eines Rückschlages gegen den Konzern erörtert. Ein Jeder steht im Diskurs. Der Zugbegleiter, noch relativ unversehrt, möchte Karten kontrollieren, muss sich den Fragen stellen. Eine Antwort forderte einen neuen Höhepunkt des Zornes in der dampfenden Masse heraus: „Der Lokführer sah die Leute trödeln. Die wollte er etwas antreiben.“ „Und das wollte er durch geschlossene Türen erreichen?“ „Nicht alle waren zu.“ „Passen sie auf, sie…“ „Nun lassen sie doch den Mann, der kann auch nichts dafür. Stimmt doch, oder?“ „Genau, wie sie es sagen.“ „Und was machen die jetzt am Bahnsteig?“ „Auf den nächsten Zug warten, nehme ich an. Der kommt in zehn Minuten.“ „Das geht ja noch.“ „Aber ehrlich, sie müssen doch auch zugeben, der Lokführer hat da Scheiße gebaut.“ „Nein, finde ich nicht.“ „Passen sie auf, sie…“ „Es kann nicht sein, dass Verabschiedungen am Zug zwanzig Minuten dauern. Wir standen sieben Minuten am Bahnhof.“ Der Zugbegleiter kontrolliert Karten und wechselt in den nächsten Waggon. „Habt ihr das gesehen, diese Arroganz.“ „Mit uns kann man es ja machen, nie wieder mit mir, nie wieder.“ „Steinigen sollte man die.“ „Ach was.“