Adventskalender Tür16* – Theodor Fontane (1819-1898) – »Alles Still!«

Alles still! Es tanzt der Reigen,
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber trohnt das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.

Alles still! Vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei.
Keiner Fichte Wipfel rauschet,
Und kein Bächlein summt vorbei.

Alles still! Die Dorfeshütten
Sind wie Gräber anzusehn,
Die, von Schnee bedeckt, inmitten
Eines weiten Friedhofs stehn.

Alles still! Nichts hör ich klopfen
Als mein Herz durch die Nacht –
Heiße Tränen nieder tropfen
Auf die kalte Winterpracht.

  • 24 kurze adventlich, weihnachtliche Wintergedichte von 24 Autoren bis Heiligabend.

Klangwelten

Es ist Sonntag. Es flaniert, wer flanieren kann, alle anderen spazieren. Die ist recht ruhig an diesem Frühlingstag. Doch vollkommene Stille stellt sich nicht ein. „Was ist das eigentlich für ein Krach da drin?“, wird eine Nachbarin gefragt, aus deren Haus die Misstöne erschallen. „Was meinen Sie?“ „Das Geklimper.“ „Ach das, das ist meine Tochter.“ „Übt sie Jazz auf dem Flügel?“ „Nein, nein, das ist ihre erste Übung für das wohltemperierte Klavier.“ „Wohltemperiert? Das klingt, als liege das Instrument mit Malaria im Sterben!“ „Leider haben sie recht. Aber sie will eben spielen.“