Adventskalender Tür16* – Theodor Fontane (1819-1898) – »Alles Still!«

Alles still! Es tanzt der Reigen,
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber trohnt das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.

Alles still! Vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei.
Keiner Fichte Wipfel rauschet,
Und kein Bächlein summt vorbei.

Alles still! Die Dorfeshütten
Sind wie Gräber anzusehn,
Die, von Schnee bedeckt, inmitten
Eines weiten Friedhofs stehn.

Alles still! Nichts hör ich klopfen
Als mein Herz durch die Nacht –
Heiße Tränen nieder tropfen
Auf die kalte Winterpracht.

  • 24 kurze adventlich, weihnachtliche Wintergedichte von 24 Autoren bis Heiligabend.

Weimar Schloss Belvedere, Sowjetischer Friedhof

Autobahn ist lauter als Laub

es ist Herbst am Belvedere

und du atmest durch und tief

der Eingang mit Stern

am Obelisk sitzt du

Hammer und Sichel stützen den Rücken

herum sind Namen und Steine und Grün

dir liegen bratan und khorosho auf der Zunge

das willst du sagen und lässt es

laut genug sind die Vögel, der Wind

laut genug denkst du an ein Land, dass du nicht kennst

Einmal eine Tänzerin

Zeig uns deine Achseln
über dem Friedhof
am Sonntag kommen wir vorbei
einmal gießen
Wasser auf die Köpfe der Alten
Nahrung der spärlichen Blumen hier

zeig uns deine Achseln
über dem Friedhof
deine Drehungen
eins-zwei-eins-zwei
Salzrand in der H&M Baumwolle
unter den Bäumen
trocknen uns die Haare

zeig uns deine Achseln
über dem Friedhof
eins-zwei-eins-zwei
pas de deux ohne Partner
und Pfirsichduft für Vogelscheuchen

deine Arme über dem Kopf
eins-zwei
drehst du dich unter die Erde
zu den Anderen
so kurz war es heute
kam das Rauschen aus dem Baum
eine Uhrzeit aus dem Auto.