Die Nacht verlässt den Kopf
Durch die Augen versenkt du sie
In den Tiefen der Tasse
Die mehrhäutigen Worte
Ziehen sich zurück
Sammeln in der Amygdala
Den nächsten Sturm
Dir wird kein Haar gekrümmt
Nur ganz sachte das Rückgrat gestaucht
Kategorie: Lyrik
Frohlocken
Dieses Wort zog dir bis an die Haarwurzel
und zwang dich an den Stift
es gehört in die Poesie dachtest du
und nebenan klopften schon die anderen Ideen
kamen aber nicht dran
der Rand war schon erreicht
und die Augen zu träge
konnten nicht mehr folgen
die Ideen gerieten unter die Verse
Short VIII – Schlaf
Auf der Decke liegend
Bedeckt von Hitze
Rufe ich den Herbst aus
Mit Kühle für den Schlaf
Der Ausgerufene schaut wirr
Und dreht sich im Bett
Ich bekomme von Südsüdwest
Ein Tropenhoch zur Antwort
Wurf
Ich warf dem Raben Krumen hin
an der Haltestelle gegenüber säubert ein Punk seine Stiefel
der Hahnenkamm wirkt wie ein Besen
für den Reklamestrand der Tui darüber
die Strandschöne schaut dazu vergnügt
der Punk mustert seine Fingernägel
ist zufrieden mit den Rändern
hebt die Arme und tritt in die Welt
der Rabe sieht ihn und verneigt sich
Reise
Eingeschlafen Linie 4
Am Kreuzchen, Volkenrodaer Weg
große Welt kommt gleich
Airport
verpasst den Ausstieg
zum Trost ist das Bistro geöffnet
heute gibt es Burger vom Grill
Bote
uns liefen die heißeren Katzen hinterher
du auf der einen, ich auf der anderen Seite
uns beiden ein Licht gemein
unsere Schatten kannten sich nicht
die Spinnen brachten uns ihre Fäden
der Wind brachte Sand und Salz
wir brachten uns Worte und eine Richtung
sammelten Asphalt mit den Sohlen
ich gab einer Taube ein Gedicht für dich mit
danach blieben deine Schritte ungehört
ABGESCHAUT: Paul Verlaine (1844-1896) – »Sommer«
Der Sommer dehnt sich durch des Himmels weiße Glut,
ein Schattenkönig, der ein Urteil sieht vollstrecken.
Despotisch siehst du ihn die fahlen Arme recken,
der müde Landmann schläft und jede Arbeit ruht.
Die Lerche sang heute nicht, sie blieb bei ihrer Brut.
Nicht eine Wolke will ein wenig Blau verdecken,
und nicht ein Windhauch will ein leises Säuseln wecken.
Die Stille lastet schwer auf Wiese, Hain und Flut.
In dieser starren Ruh verstummen selbst die Grillen,
die Bäche fließen nur in schmalen, seichten Rillen,
ihr Kieselbett ist leer, und gelb das Ufermoos.
Im grünen Tümpel nur im Schatten jener Espen,
da schwirren glitzernd noch Libellen ruhelos,
und manchmal blitzen durch die Luft schwarzgelbe Wespen.
| aus: Zweig, Stefan (Hg.): Paul Verlaine. Gedichte. Eine Anthologie der besten Übertragungen. Berlin 1907. Übers. von Otto Hauser.
| Digitalisat unter: Projekt Gutenberg
Auf der Bank
im auge des erpels
siehst du die bank
siehst dich
im auge des erpels
er sitzt gelassen
denkt sich seinen teil
und du entdeckst dich
im auge des erpels
bist du schön
er scheint zufrieden
und du bist es auch
Zugvereist
sehr langsam rollt voran
der Zug mit mir
und meinen Gedanken
dem Wunsch einmal im Rathaus
allein in der Nacht
die Gänge zu zählen
von Amts wegen und statistisch
verliert sich mein Blick
an einem Baum
an dem wir gerade schon vorbeikamen
Short VIII – Sonntag
Das harte Leben
gemimt von der Tischplatte
wer am längeren Daumen sitzt
dem winkt kein Vergessen
vor lauter Welkerei
bleiben die Gedanken
auf der Strecke ins Gedicht
kamen sie vom Weg ab
