Angeschaut: Bach, Johann Sebastian – »Kaffee-kantatE«

Kaffee ist nicht erst seit dem 21. Jahrhundert ein Getränk von großer Anziehung. Bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als der Kaffee aus dem Adelshäusern seinen Siegeszug auch in die breite Bevölkerung startete und Kaffeehäuser Zentren der Kommunikation und des gesellschaftlichen Austausches wurden1, setzten sich Künstler mit dem Phänomen auseinander.

Auch dieses; doch seid nur gebeten
Und lasset mir den Coffee stehn!

Ein der wohl Bekanntesten ist Johann Sebastian Bach (1685-1750). Seine Kaffee-Kantate mit dem Titel »Schweigt stille, plaudert nicht« (BWV 211)2 wurde 1734 in erstmals mit einem Text von Christian Friedrich Henrici (1700-1764, auch bekannt als Picander)3 aufgeführt. Der Dichter und Librettist aus Stolpen bei Dresden hat durch die Verbindung zu Bach in Leipzig eine sehr produktive Zeit verbracht. Neben Texten zu weltlichen und geistlichen Kantaten stammen auch Texte zur Matthäus-Passion (BWV 244) und der Markus-Passion (BWV 247) aus seiner Feder.

Ich möchte heute den Text der Kaffee-Kantate in der Druckversion von 1732 teilen4:

C. F. Henrici. Textdruck: Picander Erstdruck 1732, Seite 564 (Über den Caffe, Satz 1–8). Textdichter von Satz 9–10 unbekannt (Henrici?)
Liesgen (S), [Erzähler] (T), Schlendrian (B)

1. REZITATIV (T)

(ERZÄHLER)
Schweigt stille, plaudert nicht
Und höret, was itzund geschicht:
Da kömmt Herr Schlendrian
Mit seiner Tochter Liesgen her,
Er brummt ja wie ein Zeidelbär;
Hört selber, was sie ihm getan!

2. ARIA (B)

SCHLENDRIAN
Hat man nicht mit seinen Kindern
Hunderttausend Hudelei!
Was ich immer alle Tage
Meiner Tochter Liesgen sage,
Gehet ohne Frucht vorbei.

3. REZITATIV (S, B)

SCHLENDRIAN
Du böses Kind, du loses Mädchen,
Ach! wenn erlang ich meinen Zweck:
Tu mir den Coffee weg!

LIESGEN
Herr Vater, seid doch nicht so scharf!
Wenn ich des Tages nicht dreimal
Mein Schälchen Coffee trinken darf,
So werd ich ja zu meiner Qual
Wie ein verdorrtes Ziegenbrätchen.

4. ARIA (S)

LIESGEN
Ei! wie schmeckt der Coffee süße,
Lieblicher als tausend Küsse,
Milder als Muskatenwein.
Coffee, Coffee muß ich haben,
Und wenn jemand mich will laben,
Ach, so schenkt mir Coffee ein!

5. REZITATIV (S, B)

SCHLENDRIAN
Wenn du mir nicht den Coffee lässt,
So sollst du auf kein Hochzeitfest,
Auch nicht spazierengehn.

LIESGEN
Ach ja!
Nur lasset mir den Coffee da!

SCHLENDRIAN
Da hab ich nun den kleinen Affen!
Ich will dir keinen Fischbeinrock nach itzger Weite schaffen.

LIESGEN
Ich kann mich leicht darzu verstehn.

SCHLENDRIAN
Du sollst nicht an das Fenster treten
Und keinen sehn vorübergehn!

LIESGEN
Auch dieses; doch seid nur gebeten
Und lasset mir den Coffee stehn!

SCHLENDRIAN
Du sollst auch nicht von meiner Hand
Ein silbern oder goldnes Band
Auf deine Haube kriegen!

LIESGEN
Ja, ja! nur lasst mir mein Vergnügen!

SCHLENDRIAN
Du loses Liesgen du,
So gibst du mir denn alles zu?

6. ARIA (B)

SCHLENDRIAN
Mädchen, die von harten Sinnen,
Sind nicht leichte zu gewinnen.
Doch trifft man den rechten Ort:
O! so kömmt man glücklich fort.

7. REZITATIV (S, B)

SCHLENDRIAN
Nun folge, was dein Vater spricht!

LIESGEN
In allem, nur den Coffee nicht.

SCHLENDRIAN
Wohlan! so musst du dich bequemen,
Auch niemals einen Mann zu nehmen.

LIESGEN
Ach ja! Herr Vater, einen Mann!

SCHLENDRIAN
Ich schwöre, dass es nicht geschicht.

LIESGEN
Bis ich den Coffee lassen kann?
Nun! Coffee, bleib nur immer liegen!
Herr Vater, hört, ich trinke keinen nicht.

SCHLENDRIAN
So sollst du endlich einen kriegen!

8. ARIA (S)

LIESGEN
Heute noch,
Lieber Vater, tut es doch!
Ach, ein Mann!
Wahrlich, dieser steht mir an!
Wenn es sich doch balde fügte,
Dass ich endlich vor Coffee,
Eh ich noch zu Bette geh,
Einen wackern Liebsten kriegte!

9. REZITATIV (T)

(ERZÄHLER)
Nun geht und sucht der alte Schlendrian,
Wie er vor seine Tochter Liesgen
Bald einen Mann verschaffen kann;
Doch, Liesgen streuet heimlich aus:
Kein Freier komm mir in das Haus,
Er hab es mir denn selbst versprochen
Und rück es auch der Ehestiftung ein,
Dass mir erlaubet möge sein,
Den Coffee, wenn ich will, zu kochen.

10. CHOR (Terzett) (S, T, B)

Die Katze lässt das Mausen nicht,
Die Jungfern bleiben Coffeeschwestern.
Die Mutter liebt den Coffeebrauch,
Die Großmama trank solchen auch,
Wer will nun auf die Töchter lästern!

Zum Mitsingen oder einfach nur genießen hier eine sehr gelungene Aufführung der Niederländischen Bach Society5 unter der Leitung von Shunske Sato und Marc Pantus:


  1. Zu Bedeutung der Kaffeehäuser ein kurzer Überblick der Kaffeezentrale: https://www.kaffeezentrale.de/magazin/die-faszinierende-geschichte-des-kaffees-in-europa/ ↩︎
  2. Die „technischen Daten“ und viele zusätzliche Informationen zur Kantate finden sich auf der Seite Bach digital unter: https://www.bach-digital.de/receive/BachDigitalWork_work_00000267 ↩︎
  3. Die Kurzbiographie Henricis in der NDB: https://www.deutsche-biographie.de/sfz29789.html ↩︎
  4. Der Text stammt aus dem Digitalisat der Seite Bach digital: https://www.bach-digital.de/receive/BachDigitalWork_work_00000267;jsessionid=51E47ED6E9260C1B60469DADC87B61BB?XSL.Style=detail ↩︎
  5. Weitere Informationen zur Kantate und der Aufführung durch die Netherlands Bach Society finden sich unter: https://www.bachvereniging.nl/en/bwv/bwv-211 ↩︎

Sonntagmorgen bei Regen

Liegen und Worte zählen die man noch sagen kann
beim Vorschlag Matratze schon stutzt du
das könnte doch zur Krisenkommunikation genutzt werden
so eine Matratze ist ein Refugium, unter ihr versteckt man
auf ihr liegt man und tut Dinge, die ich auch tun wollte
aber wir zählen weiter. Den Vorschlag Montag lehnst du auch ab.
Montag ist Krise in einem Wort. Montag ist wie ein Diktator der Woche.
Keiner will ihn und alle gehorchen. Beim Vorschlag Wiese schüttelst du den Kopf.
Wiesen sind keine gute Idee. Wie auf der Matratze kann man hier liegen und Dinge tun, die ich auch tun möchte.
Aber jetzt wo die Wiesen alle dürr sind, legt man sich nicht freiwillig. Ich sage Strand. Du sagst Wohlstandssignal.
Ich sage Kaffeetasse. Du sagst Anbaumethoden und Plantagenwirtschaft. Ich sage Kuss, da sagst du Übergriffigkeit.
Ich sage du. Da denkst du kurz nach. Schüttelst den Kopf. Dein Blick der zu einem trotzigen Kind.
Du heiße immer von sich weisen. Du heiße vom Ich ablenken.
Jetzt ist die Liste immer noch leer und ich lasse dich allein.